Die weltweite Seuche hat ihren Ausdruck gefunden. Anders kann man das Bild des einsamen Mannes auf dem Platz von St. Peter in Rom kaum werten. Hoffnungsloser kann niemand seine Arme gen Himmel halten, wie dies am 27. März 2020 der Papst zum Ausdruck bringen wollte. So, wie Franziskus es öffentlich zeigte, ist der Zustand der Welt. Papst Franziskus ließ geradezu die bisherige Welt hinter sich und eröffnete durch seinen Segen „Urbi et Orbi“ der Welt und seiner Kirche eine neue Chance. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß die Botschaft vernommen werden will.
Jedes Land bemüht sich, in Windeseile seine eigenen Bürger aus allen Teilen der Welt nach Hause zu holen. Grenzen werden hermetisch abgeriegelt, um die möglichen oder vermeintlichen Schotten gegen den drohenden Tod dicht zu machen. Es ist so, als stünde der allgemeine Krieg und damit die nächste Eskalationsstufe vor unserer Türe. Die G 20 Staaten haben am Tag vor der verzweifelten Geste des Papstes in Rom in einer globalen Videokonferenz sich mit den Zusammenbruchs-Szenarien der Weltwirtschaft beschäftigt. Noch wichtiger wäre es, die eigenen Streitkräfte auf einen sichtbaren und untereinander kommunizierten Friedens-und Nothilfe-Modus umzustellen. Heutzutage werden Maschinen der Luftwaffen zum Krankentransport eingesetzt. Den Anfang machten geradezu die Transportmaschinen der russischen Streitkräfte im Anflug auf das schwer geprüfte Italien.
Olympia 2020 wurde wegen der Todesseuche gerade um ein Jahr verschoben. Der olympische Geist, für die Zeit des Wütens der Todesseuche Konflikte einzufrieren und zu beseitigen, müßte unsere Regierungen leiten. Kaum ein Land eignet sich so wie der Iran, in Zeiten der Todesseuche sich auf Mitmenschlichkeit zu besinnen. Damit wird nicht auf Unmögliches hingewiesen. Diejenigen, die heutzutage eine Politik bis zum Anschlag betreiben, haben in der jüngeren Vergangenheit auf das Engste zusammengearbeitet. Und wenn es nur für die Zeit des Wütens der Todesseuche auf dem Globus sein sollte.
Das Bild des einsamen Menschen auf dem Platz von St. Peter in Rom hat eines verdeutlicht. Die Dinge auf dem Globus müssen wieder ins Lot gebracht werden. Es ist die Unbeherrschbarkeit von Entwicklungen, die uns alle jetzt tödlich herausfordert. Es fängt mit dem Zustand des eigenen Landes an und ist in anderen Ländern nur bedingt anders. Je länger die Verzweiflung über die Lage anhält, umso drängender werden journalistische Fragen an die jeweilige Bundes-oder Landesregierung, warum man zu Beginn der Wuhan-Seuche so daneben gelegen hatte, wie das für die Bundesregierung und Landesregierungen gegolten hat. Die Bundeskanzlerin und auch der NRW-Ministerpräsident stehen jetzt schon erkennbar mit dem Rücken an der Wand, wenn sie auf ihr Verhalten zu Beginn des Pesthauches über unser Land angesprochen werden. Und sie lernen nicht daraus, wie die Kakaphonie der unterschiedlichen Stellungnahmen an einem gewöhnlichen Wochenende deutlich macht. Es kommt weniger darauf an, sich über die Aufhebung von staatlichen Maßnahmen zu unterhalten, als dem Staat auf allen Ebenen jene Strukturen an die Hand zu geben, sich gegen einen unsichtbaren Feind überhaupt eine Chance wirksamer Verteidigung und eines nachhaltigen Angriffs zuzulegen. Deutschland hat dies in der Staatspraxis im Rahmen von Wintex-Übungen in der Zeit des Kalten Krieges alle zwei Jahre auf höchster staatlicher Ebene geübt. Da saßen die Verfassungsorgane an einem Tisch und Konzepte mußten sich bewähren. Warum tanzt man derzeit so um diese Konsequenz aus einer Notlage herum? Der Wirrwarr von Aussagen und administrativer Unfähigkeit spricht Bände. Der Landrat des Kreises Heinsberg, Stefan Pusch, bringt es doch gnadenlos auf den Punkt, wenn er den chinesischen Präsidenten Xi um Hilfe anfleht und es lieber bei seinem Nachbarn Dr. Armin Laschet erst gar nicht versucht.
Es ist höchste Zeit, die Schieflage unseres Staates, die durch die Bundeskanzlerin im September 2015 herbeigeführt worden ist, zu beenden. Sie hat durch ihre singuläre Entscheidung das parlamentarische System ad absurdum geführt und das einzige außer Kraft gesetzt, was uns vor dem immer stärker werdenden Abgleiten in totalitäre Strukturen und damit kollektiver Handlungsunfähigkeit bewahrt. Jetzt hat der Bundesinnenminister verkündet, der Rechtslage Deutschlands wieder zu entsprechen und die Voraussetzung dafür zu schaffen, illegalen Grenzübertritt zu verhindern. Das ist nicht mehr und nicht weniger, als dem internationalen Rechtszustand zu entsprechen. Es gilt, In Zeiten der Todesseuche, aber auch generell, Gefährdungen für Deutschland und seine Nachbarn auszuschließen. Es macht keinen Unterschied, als Staat mit seinen Handlungen „vor die Todesseuche“ zu kommen oder Maßnahmen zu treffen, die eine Migration unmöglich machen, deren Ziel darin zu bestehen scheint, unsere staatlichen Strukturen nachhaltig zu zerstören. Was soll uns dann vor der Todesseuche bewahren?
Willy Wimmer
Staatssekretär a. D.,
Mitglied des Deutschen Bundestages (1976–2009),
Vizepräsident der OSZE (1994–200)